Wir alle müssen, die Wenigsten wollen es noch hören: Das Thema Covid zieht sich nun schon seit fast zwei Jahren durch die Alltagsgespräche des Landes. Infektionszahlen, Intensivbetten, und die Impfquote begleiten uns in unserem Alltag genauso wie die sich ändernden Coronamaßnahmen der Bundes- und Landesregierungen. Letztere unterscheiden sich nicht nur auf regionaler Ebene, sondern natürlich auch national. Jeder Staat hat eigene Vorstellungen davon, wie die Pandemiebekämpfung organisiert, durchgeführt, aber auch kommuniziert werden soll. In Österreich ist vor allem die Kommunikation von Maßnahmen das Ziel von regierungskritischen Stimmen. Wie sieht das in anderen Staaten aus und wieso ist eine erfolgreiche politische Kommunikationsstrategie so entscheidend im Kampf gegen die Pandemie?
Der schwedische Weg (der politischen Kommunikation)
Während der ersten Covid19-Welle machte vor allem ein skandinavisches Land mit seinen Corona-Maßnahmen auf sich aufmerksam: Schweden. Die Minderheitenregierung um den Sozialdemokraten Stefan Löfven ging einen eigenen gesundheitspolitischen Weg, indem es nicht auf generelle Lockdowns, sondern Empfehlungen, Risikogruppenschutz und vor allem die Eigenverantwortung des Individuums setzte. Während das in den ersten Monaten zu horrenden Todeszahlen führte, pendelte sich das Infektionsgeschehen in der jüngeren Zeit besser ein, manche Stimmen meinen eben wegen der hohen Grundimmunität durch den eingeschlagenen liberalen Weg. Anders Tegnell, der Chef-Epidemologe der Monarchie, glaubt nicht an diese Theorie (im Vereinigten Königreich sind beispielsweise sogar wesentlich mehr Menschen immunisiert, die Infektionsrate ist trotzdem um ein Vielfaches höher als in Schweden), für ihn liegt der Grund für den milden Verlauf der vierten Welle viel eher im einzigartigen schwedischen Weg der politischen Kommunikation. Die rund 10,3 Millionen Bürger des Landes haben ein ungewöhnlich großes Vertrauen in die staatlichen Behörden. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass der „schwedische Weg“ der Coronamaßnahmen weitgehend ein Mythos ist, denn auch dort wurde das Leben stark eingeschränkt: Kaffeehäuser, Bars sowie öffentliche Einrichtungen haben strenge Auflagen erhalten und die meisten Schweden befinden sich nach wie vor (freiwillig) im Home-Office, die Schulen hingegen blieben weitgehend offen. Im Gegensatz zum Rest der europäischen Politik forciert man in der Monarchie allerdings den Dialog mit den Gewerbetreibenden wesentlich stärker, um ein Gefühl des Zusammenhalts zu schaffen. Coronaskeptische Parteien, die Protestdemos gegen Maßnahmen initiieren und befeuern, sind ebenfalls Mangelware, sodass die Politik, anders als in so manchem mitteleuropäischem Staat, kein Sammelbecken für Coronaleugner werden konnte, die es in Schweden kaum gibt.
Hohe Impfquote? Nichts Neues in Neuseeland
Mit der Schlagzeile, dass ein Staatsbürger sich bis zu zehn Mal täglich gegen Geld impfen ließ, schaffte es Neuseeland, ein Land mitten im Pazifik, kürzlich in die weite Medienlandschaft der Erde. Abgesehen von dieser wahnwitzigen Idee eines Neuseeländers ist die ehemalige Kolonie des Vereinigten Königreiches aber noch für ihre eigene Strategie im Kampf gegen das Corona-Virus bekannt. Die Regierung um die sozialdemokratische Premierministerin Jacinda Ardern setzte sich von Beginn an das Ziel, das Virus innerhalb ihrer Grenzen mit schnellen Lockdowns und einem funktionierenden Contact-Tracing auszurotten. Dieser Ansatz wäre in der Theorie auch sinnvoll: Neuseeland ist ein Inselstaat und muss nur äußerst begrenzt eine Einschleppung neuer Varianten vom Ausland, etwa durch Touristen oder Migrationsbewegungen, befürchten. Die komplette Schließung der Grenzen brachte kurzfristig auch den gewünschten Erfolg, Ardern erklärte den Pazifikstaat im Juni 2020 für Corona-Frei, ihre Hardliner-Rhetorik und strenge Maßnahmen ließen die Beliebtsheitswerte der Sozialdemokratin in die Höhe schnellen, sodass auch eine enorme Impfbereitschaft unter der Bevölkerung vorhanden war. Mittlerweile ist man in Auckland jedoch in der Realität angekommen – ein britisches Paar schleppte die hochinfektiöse Delta-Variante ein – und die anschließende Infektionswelle schadete dem Image der dortigen Regierung massiv. Was bleibt von der kompetenten Krisenkommunikation der staatlichen Behörden? Eine surreale Impfquote. 83% der rund 5 Millionen Neuseeländer haben einen vollständigen Impfschutz, dass scheint sich auch auf die Ausprägung der letzten Covid-Welle auszuwirken: Die höchste Anzahl an täglichen Neuinfektionen betrug 217, in der gesamten Pandemie starben bisher nur 49 Menschen.
Das Land, das sich selbst ein Bein stellt
Du hast es erfasst, mit dieser Überschrift meine ich Österreich. Jenes Land, das die erste Welle noch mit stabiler Disziplin gemeistert hat, steht mittlerweile vor einer großen Hürde – aus Eigenproduktion. Als Pionier unter den europäischen Demokratien – und unter dem Druck einer verheerenden Vierten Welle – kündigte die heimische Regierung eine bundesweite Impfpflicht an. Kommunikativ ein absolutes Eigentor, hatte doch der Gesundheitsminister vor wenigen Monaten noch gemeint, dass er von einer generellen Impfpflicht nichts halte. Auch die Behauptung von Ex-Bundeskanzlers Sebastian Kurz, dass die Pandemie für Geimpfte vorbei sei, wurde mit dem erneuten Lockdown im November widerlegt und wirkte maximal abschreckend für Zögernde, die aufgrund der allgegenwärtigen Maßnahmen für Ungeimpfte einen Stich in Erwägung zogen. Auch der Stufenplan, der vorher festgelegte Maßnahmen ab einer gewissen Spitalsauslastung beinhaltete, erwies sich (politisch) als Desaster, als nicht nur Stufen durch die rasante Ausbreitung von Corona de facto übersprungen wurden sondern auch Geimpfte in einen mehrwöchigen Lockdown gezwungen wurden, der im Plan nicht vorgesehen war. Die Regierung leistete hier ganze Arbeit, noch nie war das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik so gering wie derzeit¹. Die Angewohnheit der FPÖ, als Oppositionspartei zusätzlich zur innerparlamentarischen Kritik an jeder Maßnahme noch Nährboden für Verschwörungstheorien und Demokratiefeindlichkeit zu liefern, indem man Protestdemos mit Rechtsextremen und Esoterikern unterstützt, um ihr Wählermilieu zu bedienen, trägt ihr Übriges zu diesem Image der Politik bei. Dabei zeigen auch heimische Beispiele, wie man politische (Krisen-)Kommunikation erfolgreich gestalten kann: Peter Klar, seines Zeichens nicht nur Arzt sondern auch Bürgermeister der kleinen Mödlinger Gemeinde Laab im Walde, nahm seine Rolle als gewählter Vertreter der Bürger so ernst, dass er zum Smartphone griff und die Ortsansässigen durchtelefonierte, um Aufklärung zur Covid19-Impfung anzubieten. Laab hatte bereits vor einem halben Jahr eine rekordverdächtige Impfquote, heute liegt man bei 83% aktiver Impfzertifikate.
Die gewählten Vertreter der österreichischen Bevölkerung könnten sich von Peter Klar eine Scheibe abschneiden. Zwar wird Gesundheitsminister Mückstein weder Zeit noch Lust haben, 8,9 Millionen Menschen anzurufen und als Arzt zu beraten, die Art der politischen Kommunikation, die Nähe und Kompetenz vermittelt, zu übernehmen, wäre aber ratsam. Dann muss man auch nicht mehrmals hintereinander die gleiche Antwort auf verschiedene Fragen in einem ZIB-Interview mit Armin Wolf geben und kann Inhalte so vermittelt, wie Menschen es in den meisten Beziehung gerne haben: Mit Ehrlichkeit.
¹ Das liegt aber nicht nur an der Krisenkommunikation. Auch die ÖVP-Skandale der letzten Monate hinterließen ihre Spur bei den Wahlberechtigten und führten unter anderem zu Umfragestürzen. 90% der Österreich finden, dass die heimische Politik ein generelles Korruptionsproblem hat.